Tesla hielt uns in den vergangenen Tagen ganz schön auf Trab. Und die Meldungen reissen nicht ab. Hatten wir gerade erst versucht, alle aktuellen Probleme von Elon Musk übersichtlich in einen Artikel zu bringen, müssten wir nun, nur einen Tag später, schon einige weitere Punkte hinzufügen.
Nach dem tödlichen Unfall mit dem Tesla-Autopiloten etwa hat Elon Musk die Technologie verteidigt. Für ihn sei klar, dass der Autopilot „unter dem Strich Leben retten“ wird, zitiert das Wall Street Journal den Tesla-Chef. Die Statistik zumindest gibt ihm recht: Tesla-Fahrer haben dem Unternehmen zufolge schon mehr als 200 Millionen Kilometer per Autopilot zurückgelegt, bis es zum ersten tödlichen Unfall gekommen sei. Im Durchschnitt aller Fahrzeuge in den USA komme ein tödlicher Unfall auf 145 Millionen gefahrene Kilometer, weltweit gesehen sogar auf nur 95 Millionen Kilometer. Deshalb will Musk das umstrittene System nicht vom Markt nehmen oder abschalten.
Man wolle nun aber alle Autopilot-Nutzer sensibilisieren und die Technik besser erklären – wie sie funktioniert und wie sich die Fahrer verhalten sollen. Der eingeschaltete Selbstfahr-Assistent entbinde den Fahrzeuglenker nicht von der Pflicht, stets den Überblick und die letztendliche Kontrolle über das Auto zu haben. Der Autopilot kann beim Spur, Tempo und Abstand zum vorderen Fahrzeug halten behilflich sein. Tesla betont, dass die Technologie seine Elektroautos aber nicht zu komplett selbstfahrenden Autos mache, es unterstütze lediglich. Der New York Times sagte ein Tesla-Manager, die Fahrer müssten verstehen, dass eine falsche Nutzung des Autopiloten „den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten“ könne.
Und schon wieder ein Crash mit Autopilot
Nichtsdestotrotz gibt es weiterhin Tesla-Fahrer, die die Grenzen des Systems bewusst oder aus Nachlässigkeit überschreiten und dem Elektroauto-Pionier aus Kalifornien damit weitere schlechte Nachrichten ins Haus bringen. So wie etwa jener Model-X-Fahrer aus Montana, der seinen Elektro-SUV des Nachts in den Graben einer Bergstraße setzte.
Daten von Tesla zufolge hatte der Fahrer vor dem Unfall die Hände mehr als zwei Minuten lang nicht am Steuer, obwohl das Auto den Fahrer mehrmals gewarnt und dazu aufgefordert habe, die Hände wieder ans Lenkrad zu nehmen. Der Fahrer hingegen gab in einem Interview mit CNN Money an, er sei nicht gewarnt worden. Gleichzeitig räumte er aber auch ein, die Spracheinstellung des Wagens auf Englisch eingestellt zu haben – und er Mandarin spreche.
Autopilot bleibt aktiviert
Trotz der Meldungen über mögliche Probleme und Sicherheitslücken des Tesla Autopilots erklärte Firmenchef Musk, dass das System nicht abgeschaltet wird. Während Tesla sich vorerst auf eine bessere Kommunikation der Fähigkeiten und Risiken der Technologie konzentrieren will, untersucht die US-Verkehrsaufsicht NHTSA die Unfälle der vergangenen Wochen.
In Europa dürfen Tesla-Stromer vorerst weiter mit der Selbstlenkfunktion fahren. Die zuständige niederländische Zulassungsbehörde hat erklärt, dass für das europäische Modell keine Sicherheitsbedenken bestehen würden. „Wir denken, es ist nichts falsch mit dem System“, so Hans Lammers, der bei der Behörde RDW für Fahrzeugzulassungen und Überwachung zuständig ist. Es gebe demnach keinen Unterschied zu Systemen, für die andere Hersteller eine Zulassung erhalten hätten. Die Behörde betonte allerdings, dass derartige Systeme nur zur Assistenz verwendet werden sollten, die Autofahrer aber nicht die Kontrolle über ihr Fahrzeug abgeben dürften.
Das US-amerikanische Verbrauchermagazin Consumer Reports – hierzulande bekannt für großes Lob wie auch deutliche Kritik an Tesla – hat den kalifornischen Elektroautohersteller inzwischen dazu aufgerufen, den Autopilot vorerst zu deaktivieren. Tesla erwiderte, dass man gut gemeinte Ratschläge zwar schätze, Entscheidungen jedoch „auf Basis von realen Daten, nicht Medien-Spekulationen“ treffe.
HermanTheGerman meint
Das Problem an fortschrittlichen Technologien ist, daß sie am Anfang, wo noch bestimmte Regeln befolgt werden müssen, um sie richtig einsetzen zu können, sie in einem Massenprodukt aber unweigerlich auch an Leute geraten, deren geistige Leistungsfähigkeit nicht der Produktleistungsfähigkeit entspricht.
Dann kommt es zu Problemen, in diesem Fall halt leider auch zu tödlichen Unfällen.
Daß das gerade in USA ein Problem ist, wo z.B. in Gebrauchsanleitungen von Mikrowellenherden stehen muß, daß man darin keine Hunde trocknen darf, ist klar.
Stefan Krüger meint
Ich erinnere mich noch ganz gut an die Einführung vom ABS. Zu erst in den ganz teuren Schlitten von Mercedes (ich glaube die haben da noch ein Trauma von der Entwicklung mit Bosch). Bald wurde das System so gelobt, dass die Versicherungen 10% Rabat gaben, wenn das System eingebaut war. Bis man gemerkt hat, dass die Unfallzahlen bei den Autos mit ABS z.T. deutlich über denen ohne ABS lagen. Nicht weil das System fehlerhaft gearbeitet hätte, sondern weil die Fahrer die Grenzen der Physik im Bewusstsein des ABS z.T. eklatant überschritten. An einen Skandal darüber kann ich mich aber nicht erinnern.
Auch bei Teslas „Autopilot“ liegen nach bisherigen Erkenntnissen weniger Fehlfunktionen das Systems vor, als vielmehr die Unfähigkeit des Systems komplexes Fehlverhalten von Fahrern auszubügeln. Ohne Frage ist da noch vieles zu verbessern. Aber einen Grund für eine solche Hysterie gibt das nicht her.
Ich sehe das vielmehr in der speichelleckerischen Art von hiesigen Motor- und Wirtschafts-Journalisten begründet, die den offensichtlichen Rückstand der etablierten Industrie mit dem skandalösen Tesla-Bashing verdecken wollen.
Starkstrompilot meint
Eine falsche Nutzung des Lenkrades oder der Pedale kann auch den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten. Abgeschaltet werden sie deshalb nicht.
Der unsicherste Teil eines Fahrzeugs befindet sich immer noch auf dem Fahrersitz.
Daniel meint
Vielleicht muss man die Fahrer einfach „erziehen“, indem das Auto anhält wenn der Fahrer die die Hinweise vom System wiederholt nicht beachtet das Lenkrad in die Hand zu nehmen. Danach wird der Autopilot dann für die nächsten 24 Stunden gesperrt.
Fritz! meint
Gute Idee!
Die Sperrung aber besser gestaffelt machen, erst 2, dann 4, dann 8 (und so weiter) Stunden im jeweiligen Wiederholungsfall. Käme dann für renitente Sicherheitshinweisignorierer irgendwann einer kompletten Deaktivierung gleich.
Mark Andre meint
Entfernt, bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
Dr.M. meint
Wie wäre es mit einem Schleudersitz, der den Fahrer bei Fehlverhalten gleich durchs sich automatisch öffnende Panoramadach schießt? Super nett Generation Senats sozusagen? Dann ist diese Schwachstelle im Fahrzeug ein für allemal beseitigt :-)
Tschuldigung, ist nicht ganz ernst gemeint….
orinoco meint
In der Folge „IFZ“ von „Neues vom Känguru“ (youtube) hat das Känguru die Einführung eines Intelligenztests durch das Auto bevor man weiterfahren darf vorgeschlagen.